Enterprise Architektur Management
Im Interview mit Markus Ehm
Enterprise Architecture Management (EAM) dient als Schlüssel zur Optimierung von IT-Infrastrukturen durch Transparenz, strategische Planung und effiziente Kommunikation. Die zentralen Aufgaben von EAM sind die Erfassung, Dokumentation und Planung der IT-Landschaft, um eine effiziente und nachhaltige IT-Architektur zu gewährleisten.
Was ist EAM, worum geht es da?
EAM bedeutet Enterprise Architecture Management, auf Deutsch Unternehmensarchitekturmanagement oder eingedeutscht Enterprise Architektur Management. Unternehmensarchitektur befasst sich organisatorisch und technisch mit der Fragestellung, wie eine Organisation bezogen auf die Informationstechnologie aufgestellt sein muss, um ihre Aufgaben effizient zu bewältigen und damit die übergeordneten Ziele der Organisation in Abstimmung mit den Geschäftsprozessen zu erfüllen. Die Organisation kann sowohl ein privatwirtschaftliches Unternehmen als auch eine Behörde sein, wie bei uns im Public Sector. EAM im engeren Sinne meint das Management der Unternehmensarchitektur und befasst sich – das ist der Bereich, in dem wir als msg unterwegs sind – mit Fragestellungen rund um bestehende und geplante IT-Systeme in Anwendungslandschaften sowie um IT-Strategien und Governance, die den Komplex steuern.
Was sind die Aufgaben von Enterprise Architektur Management?
EAM hat drei Hauptaufgaben, um die eben beschriebenen Punkte zu adressieren. Eine Aufgabe ist die Kommunikation, um den aktuellen Zustand zu erfassen, aber auch um Handlungsbedarfe zu ermitteln. An welcher Stelle läuft welches IT-System und was tut es da konkret? Wo wird ein System benötigt, um neue oder geänderte Geschäftsprozesse abzubilden? An welchen Stellen gibt es Defizite?
Eine zweite wichtige Aufgabe ist die Dokumentation, die als Folge aus der Kommunikation erfolgen muss. Kommunikation findet entweder informell in Gesprächen, Workshops oder Interviews statt oder formell in Gremien, wie Architektenboards. Eine Dokumentation wiederum erfolgt informell mittels WIKI-Artikeln, in Office-Dokumenten oder formell und strukturiert mit entsprechenden EAM-Werkzeugen. Die dritte Aufgabe ist die Planung und die Ableitung von Maßnahmen. Das sind in aller Regel IT-Projekte, die im Rahmen einer IT-Strategie Transformationen umsetzen und beispielsweise Altsysteme ablösen.
Worin liegen die Mehrwerte beim Enterprise Architektur Management?
In der Praxis kann man gut beobachten, was passiert, wenn EAM nicht explizit organisiert ist oder gar fehlt: Systeme sind dann im schlechtesten Fall mehrfach vorhanden oder gehen an den Anforderungen der Nutzenden vorbei. Oder mehrere Produkte erfüllen die gleiche Aufgabe, der Zweck eines Systems ist unbekannt und im worst case weiß die eigene IT-Abteilung nicht, dass da überhaupt ein System existiert. Der Mehrwert liegt also eindeutig in der Herstellung von Transparenz, was existiert, was man plant, aber auch in der Transparenz von gefällten Entscheidungen und Strategien. Eine Architekturvision kann helfen und zeigen, wo ich als Organisation hin möchte und was die nächsten richtigen Schritte auf dem Weg dorthin sind, z.B. bestimmte Systeme neu auszuschreiben. Manchmal ist der Nutzen von EAM-Systemen auch ein sehr praktischer: bei welchen Systemen muss ich wegen Sicherheitslücken Systembibliotheken oder Basistechnologien wie Java aktualisieren? Hier gibt es Frameworks wie TOGAF, die Unternehmensarchitekten dabei unterstützen, den optimalen Weg zu finden.
Und was sind die Herausforderungen?
Die Hauptherausforderungen beim EAM sind in allen Organisationen ähnlich: als Unternehmensarchitekt muss ich Kommunikationskanäle aufbauen, um die notwendigen Informationen zu erheben und ich muss geeignete Personen finden, die mitarbeiten, die Informationen zu dokumentieren und aktuell zu halten. Um ein vollständiges Bild der Anwendungslandschaft in einer Organisation zu bekommen, müssen viele Expertinnen und Experten mitarbeiten. Es gilt, sämtliche Ebenen der Unternehmensarchitektur, unter anderem Geschäftsabläufe, Anwendungen und Technologien aufzunehmen und zu durchdringen. Eine Mammutaufgabe. EAM an sich ist kein Selbstzweck – die von Unternehmensarchitekten erarbeiteten Vorgaben und Leitplanken brauchen ein gutes Team zur Umsetzung. Vom beratenden Architekten über fachliche Mitarbeitende bis hinein in die Entwicklungsteams müssen alle beteiligt werden, um auch schwierige Herausforderungen zu meistern und nachhaltige Ergebnisse zu erzielen.
Wie kann ich Unternehmensarchitektur transparent gestalten?
Die erwähnten EAM-Werkzeuge sind wichtige Mittel, um Transparenz zu erreichen. Im Idealfall bieten sie unterschiedliche Zugänge: für die Expertinnen und Experten, die die Daten einpflegen, und für die Stakeholder, die auf einfache Weise Informationen erheben und diese analysieren. Dabei sollten in einem EAM-System nicht nur Informationen zu den Systemen und deren Bausteinen bereitstehen, sondern auch Kosteninformationen und Fakten zum Lebenszyklus der zugrundeliegenden technischen Bausteine. Auch die fachliche Basis, wie Anforderungen und unterstützende Geschäftsprozesse und deren Bewertung hinsichtlich der fachlichen und technischen Passung zu einer Lösung oder einem eingesetzten Produkt sind wichtig. Eine Lösung oder ein Produkt realisiert letztlich die genannten Fachsysteme.
Wie erfolgt die Datenpflege mit einem EAM-Werkzeug?
Zur Datenpflege in einem EAM-Werkzeug steht der Standard ArchiMate bereit, der hilft, Daten mittels unterschiedlicher Elementtypen zu erheben und Beziehungen zwischen den erhobenen Elementen herzustellen. Das ist wichtig, um dann fundierte Analysen durchführen zu können. Für die Datenpflege empfiehlt es sich, einen entsprechenden Prozess zu etablieren, der Systemverantwortliche – manchmal auch als Komponentenverantwortliche bezeichnet – einbindet. Die Daten müssen aktuell gehalten werden, um auf dieser Basis die Vision der zukünftigen Anwendungslandschaft ableiten zu können – man nennt das „Bebauungsplanung“. Ins EAM-System sollten dafür auch laufende und geplante IT-Projekte mit aufgenommen werden.
Was sind die zu erwartenden Kosten?
Die Kosten sind umfassend zu betrachten, und speisen sich auf der einen Seite aus Lizenzkosten für das EAM-Tool, die je nach Hersteller im fünfstelligen Bereich pro Jahr liegen. Daneben sind Schulungs- und Einführungskosten für das Tool anzusetzen sowie Personalkosten für die Datenpflege, aber auch für regelmäßige Abstimmungen über die Systemlandschaft, über Strategie und Transformation der Organisation. Demgegenüber stehen aber große Einsparungspotentiale, da veraltete oder redundante Systeme abgeschaltet werden, teure Systeme abgelöst und neue Systeme eingeführt werden. Neue Systeme machen den Anwendenden dann mehr Spaß, wenn die fachliche Passung besser ist – was wir mit EAM-Tools erreichen können, die Anwendenden dadurch effizienter arbeiten und Zeit sparen.
Wo liegen bzw. gibt es Unterschiede zwischen Privatwirtschaft und öffentlicher Verwaltung?
Erfahrungsgemäß gibt es nur geringe Unterschiede. In der Privatwirtschaft dürfte der Kostenaspekt von IT-Lösungen etwas stärker im Fokus stehen und das Mapping von Architekturzielen auf Unternehmensziele, in der öffentlichen Verwaltung eher Aspekte wie Open Source, die Vermeidung von Abhängigkeiten zu bestimmten Produktherstellern sowie die Umsetzung von Gesetzesvorhaben. Im Public Sector wird aber ebenso stark in das Thema investiert wie in der Privatwirtschaft. Das verschafft uns tolle Möglichkeiten, in dieses Geschäftsfeld nachhaltig zu investieren und es auszubauen. Mein erster Berührungspunkt mit EAM war bereits 2012 bei der Landeshauptstadt München.
Wie können wir als msg Public Sector ganz konkret unterstützen?
Wir als Public Sector unterstützen die Öffentliche Verwaltung im gesamten Spektrum der Unternehmensarchitektur. Das beginnt bei der Organisationsberatung und adressiert Aspekte wie den Aufbau von Kommunikationswegen oder die Etablierung von Formaten zum Informationsaustausch und die Durchführung entsprechender Regelmeetings und Workshops. Des Weiteren unterstützen wir die Auswahl von EAM-Tools, bei deren organisationsspezifischer Konfiguration, beim Tailoring, wenn spezifische Modellelemente eingeführt werden sollen, sowie beim Aufbau der dafür notwendigen Pflegeprozesse. Wir unterstützen auch konkret bei der Kartierung der Anwendungslandschaft: bei der Modellierung, bei der Datenerhebung und bei der Erfassung und Pflege der erhobenen Daten. Unsere Kunden sind Kommunen, aber auch Behörden des Bundes und der Länder sowie deren IT-Dienstleistern.
Autorenprofil: Markus Ehm
Markus Ehm ist Principal IT Consultant und seit 2012 bei msg. Er entwirft und implementiert seit über 20 Jahren individuelle Informationssysteme mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten für die öffentliche Verwaltung, und beschäftigt sich seit mehr als 10 Jahren mit Unternehmensarchitekturen und Enterprise Architecture Management.